Institut für Rehabilitationspädagogik Körperpädagogik
Einleitung (K)
Frau Winter-Below und ich werden Ihnen die Abläufe in der BUK und die daraus entstandene Homepage vorstellen.
20 Jahre FuBSt … auch für mich Anlass zu schauen, was mich immer wieder bewegt, die intensive und herausfordernde Arbeit in der Buk mit Fachlichkeit und Herz auszuführen … die Antwort sieht am Ende ganz einfach aus: die Begegnung mit den wunderbaren und beeindruckenden, manchmal kämpferischen, auf jeden Fall einmaligen Kindern und Jugendlichen sowie deren Bezugspersonen (Eltern, Pädagoginnen, Therapeuten) …
… und es ist auch immer wieder der fachliche Austausch mit Kolleg:innen und in Netzwerken, welcher mir Energie gibt … so, wie ich heute zu diesem besonderen Anlass viele bekannte Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern sehe und mich über die Gespräche im Anschluss freue.
Wenn eine Anfrage aus dem Elisabeth-Krankenhaus kommt, da sie ein Kind sehen, welches mehr ausdrücke möchte, als es kann, macht mich das neugierig und die Arbeit bleibt spannend. Es erfüllt mich mit Hoffnung, dass Sensibilität und Bewusstsein für unterstützt kommunizierende Menschen wächst.
Ich arbeite seit 27 Jahren mit Menschen, die sich nicht, kaum oder nur unverständlich mit Lautsprache äußern können, ohne dass ich in den ersten Jahren wusste, dass es das Fachgebiet Unterstützte Kommunikation gibt
Nach einer berufsbegleitenden Weiterbildung zur Kommunikationspädagogin arbeite ich nun seit 18 Jahren in der Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation. Ich bin als Beratungslehrerin an 2 Tagen der Woche vom Schulamt/Land Sachsen-Anhalt beauftragt, Beratungen und Fortbildungen zur Unterstützten Kommunikation durchzuführen.
Statistik
An dieser Stelle möchte ein paar Zahlen mit Ihnen teilen, die ich unserer fortlaufenden Dokumentation seit 2009 entnommen habe:
964 individuelle personenbezogene Beratungen fanden in diesem Zeitraum statt. Etwa die Hälfte davon 493 waren Folgeberatungen, um Themen zu vertiefen bzw. zu den Hilfsmitteln didaktisch-methodisches Vorgehen zu besprechen.
Zudem wurden 131 Beratungen für Lehrkräfte zu speziellen Fragen in den Interaktionen mit Schülerinnen und Schülern durchgeführt.
Es gab 62 allgemeine Anfragen an die Beratungsstelle zur Vernetzung und Weitervermittlung von Hilfsangeboten.
48 schulinterne und überregionale Fortbildungen wurden durchgeführt und
20 Fachgespräche geleitet.
1 überregionaler Fachtag fand in Zusammenarbeit mit Arbeitsbereich Körperpädagogik statt.
Daran sieht man, dass das Arbeitsfeld der Beratungsstelle breit gefächert und auf verschiedenen Ebenen angesiedelt ist.
Homepage (S)
Schon allein diese Zahlen geben einen ersten Hinweis darauf, dass sowohl die Eltern, als auch in diesem Bereich professionell Tätige auf der Suche nach Unterstützung und vor allem nach praxisrelevanten Informationen im Bereich der Unterstützten Kommunikation sind.
Frau Hoffmann kann innerhalb ihrer vielen Beratungen, die sie in den vergangenen Jahren durchgeführt hat, auf umfassende Erfahrungen zurückgreifen. Diese Erfahrungen wollen wir einerseits Menschen, die auf der Suche sind und genau vor diesen Fragen stehen, die in den Beratungen immer wieder aufkommen, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, indem wir einerseits Informationen und konkrete Beispiele zur Unterstützten Kommunikation bzw. zu Beratungen in Form von Fallportraits zur Verfügung stellen und andererseits auch theoretisch aufbereitete Texte, auf Fachinformationen und aktuelle Studien verweisen.
Das war der Anlass dafür eine Webseite zu erarbeiten, diesen Anforderungen gerecht wird. Wir haben also mit der Erstellung und dem Aufbau einer solchen Online-Präsentation begonnen und präsentieren Ihnen heute den aktuellen Stand – wobei gleich angemerkt werden muss, dass wir diesen Stand als dynamisch verstehen. D.h. es wird immer wieder Aktualisierungen, Ergänzungen, Hinzufügungen geben. Aktuell können Sie sich bei uns also über verschiedene Kommunikationshilfen, über die von uns erarbeiteten Fallportraits informieren sowie auf verschiedene Fachtexte zugreifen.
Herausforderungen (K)
Insbesondere auf meine Arbeit innerhalb der Beratungstätigkeit möchte ich jetzt näher eingehen.
Aufgabe von Pädagoginnen und Pädagogen ist es, die vielfältigen kommunikativen Situationen von unterstützt Kommunizierenden und ihren Gesprächspartner:innen erfolgreich zu gestalten und die Kommunikation ebenso im persönlichen Umfeld der Schülerinnen und Schüler zu unterstützen.
Das stellt Lehrkräfte vor vielfältige Herausforderungen. Dazu zählen sowohl das breite Spektrum des Personenkreises (Zielgruppen), welches jeweils ein angepasstes diagnostisches und didaktisch-methodisches Vorgehen erfordert, als auch Vielfalt an ergänzenden und alternativen Kommunikationsformen und Hilfsmitteln, die nur tw. in kleiner Auswahl Schulen vorhanden sind und in der Fülle nicht vorgehalten werden können.
Es benötigt Wissen um uk-spezifische Diagnostik sowie die Materialien zur Durchführung der Diagnostik. Und es erfordert ebenso Kenntnisse zu den ständig weiterentwickelten Kommunikationshilfen/Hilfsmittel und zu Konzepten zur Implementierung von UK-Sprache in den Alltag.
Hierzu gehört auch, dass Strategien und Hilfsmittel individualisiert und an die gegebenen Interaktionen angepasst werden müssen
Gerade der differenzierte Blick auf die Besonderheiten kommunikativer Situationen sowie auf die individuelle Teilhabe an Bildungsprozessen benötigt sowohl fachlich-kompetente Unterstützung als auch erfahrungsbasierten kollegialen Austausch. Mit Fragen aus diesem Spannungsfeld, wenden sich Pädagog:innen, Eltern, und auch Therapeut:innen und medizinische Fachkräfte an die BUK und bitten um Unterstützung,
Kevin und QR-Code (S)
Die Beratungen in unserer Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation sind inhaltlich auf die Fragen, Wünsche und Bedürfnisse der anfragenden Menschen ausgerichtet und somit individuell sehr verschieden. Die Idee, einerseits die sehr verschiedenen Beratungsbedarfe und andererseits auch die Arbeit von Frau Hoffmann in unserer BUK transparent zu machen, mündete in der Aufbereitung und Transformation von ausgewählten Beratungen zu Fallportraits. D.h. in einem mehrfachen Überarbeitungsprozess wurden mit Einverständnis der Beteiligten aus den Beratungsprotokollen und angefertigten Notizen Texte erarbeitet, die unterschiedliche Aspekte der Beratungen fokussieren. Sie dürfen sich gern den angezeigten QR-Code scannen, dann gelangen Sie zu dem für Sie mitgebrachten Fallportrait von Kevin.
Kevin wird vorgestellt als ein Kind, das sich gern und viel äußert über alles, was ihn im Alltag beschäftigt mittels der ihm zur Verfügung stehenden körpereigenen Kommunikationsmöglichkeiten.
Kevins kommunikative Möglichkeiten:
Körpersprache
Blickkontakt
individuelle Mimik und Gestik
Äußerung einzelner Laute
Seine Eltern verstehen Kevin in den meisten Fällen. Mit dem Eintritt in die Schule war es jedoch wichtig, seinem Kommunikationsbedürfnis Raum zu geben und ihm zugleich Möglichkeiten zu schaffen, mittels derer er sich auch mit anderen Menschen verständigen kann. Aus diesem Grund haben seine Eltern und Kevins Lehrerin eine Beratung in unserer Beratungsstelle angefragt.
Beratungen (K)
Die Anfragen erfolgen über Telefon, Mail und die inzwischen vielfältigen persönlichen Kontakte aus ganz Sachsen-Anhalt … Beratungen finden in der Beratungsstelle hier im Haus oder auch vor Ort in den Schulen statt.
… auf dem Plakat vor der Lernwerkstatt sind die Orte markiert an denen ich Beratungen und Fortbildungen vor Ort durchgeführt habe: - nördlich bis Havelberg, östlich von Wittenberg (kennen Sie Holzdorf 100m vor der brandenburgischen Grenze?), Zeitz im Süden, Halberstadt im Westen;
Im Erstkontakt ist es auf Grund der vielen Themen und Möglichkeiten wichtig, Anliegen und genaue Fragestellung abzuklären, außerdem findet hier auch schon ein erstes diagnostisches Gespräch statt, um die Beratung gut vorbereiten zu können.
Wenn die Kinder/Jugendlichen mit ihren Eltern und/oder Pädagoginnen und Pädagogen oder anderen Bezugspersonen und Fachkräften in die Beratung kommen, dann liegt der Fokus im diagnostischen Prozess vordergründig auf den kommunikativen Kompetenzen und Teilhabemöglichkeiten:
Wie teilt sich der Mensch mit?
Was kann er zeigen bzw. was erkennen die Bezugspersonen?
Was möchte die Person damit ausdrücken?
Inwieweit wird die Person mit diesen Ausdrucksweisen verstanden?
Hier setzen meine fachliche Expertise und die Ressourcen der Beratungsstelle für die Diagnostik und den weiteren Beratungsprozess an.
In Erstberatungen werden neben dem diagnostischen Vorgehen verschiedene Strategien der UK und unterschiedliche Hilfsmittel vorgestellt, die zu den individuellen Gegebenheiten der an der Kommunikation Beteiligten in ihren unterschiedlichen Situationen passen. Darüber hinaus gibt es in der Buk einen Pool an wesentlichen, häufig genutzten Hilfsmitteln, so dass die Möglichkeit besteht, Kommunikationshilfen auszuprobieren, einen ersten Eindruck von der Nutzung durch die Kinder/Jugendlichen zu gewinnen und verschiedene Kommunikationsmittel zu vergleichen.
Die gewonnenen Eindrücke und Erkenntnisse werden danach miteinander diskutiert und der weitere Weg aufgezeigt und festgelegt. Hier ist es aus Beraterinsicht wichtig, nochmals die Kompetenzen der Beteiligten und Teilhabechancen durch die Unterstützungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Gerade Eltern sind gerührt, in dem Gespräch zu hören, was ihr Kind kann, für professionelle Bezugspersonen gibt dies Einordnung und Struktur … und manches Kind hätte gern gleich die Kommunikationshilfe mitgenommen.
An dieser Stelle möchte ich den über die Jahre Beteiligten aus dem Arbeitsbereich Körperpädagogik und in den letzten Jahren insbesondere Frau Prof.in Puhr für die Neuausstattung mit elektronischen Kommunikationshilfen, Kommunikationstafeln oder auch Gebärdenkarten DANKen. Ohne diese umfangreiche und hochwertige materielle Unterstützung wäre die fachlich qualifizierte und praxisnahe Beratung kaum möglich. Ebenso ist der Austausch mit Frau Winter-Below zu speziellen Fragen in der UK und ihre Einbeziehung in universitäre Abläufe für mich sehr wertvoll geworden.
Fallportrait Kevin und Verlinkungen zu Kommunikationshilfen (S)
Wie Sie hier auf der Seite des Fallportraits von Kevin sehen können, gibt es innerhalb des Textes Verlinkungen. Diese hier verweist beispielsweise auf die Kommunikationshilfen. Dort finden Sie Informationen zu körpereigenen, nicht elektronische, elektronischen Kommunikationshilfen und den Ansteuerungshilfen. Exemplarisch zeige ich Ihnen die Seite der Hilfsmittel zur Unterstützung körpereigener Kommunikationshilfen. Dort finden Sie allgemeine Informationen über körpereigene Kommunikationsformen insbesondere über Gebärden. Und vertiefend lassen sich Informationen zu Sammlung von Gebärden als Karten, Tafeln oder Bücher, Informationen zu Gebärdensuche mit Videos im Internet sowie Informationen zu Gebärdenapp´s finden.
Beratungsablauf (K)
In den Beratungen werden Kommunikationssysteme im Sinne eines individuellen Konzeptes für den unterstützt kommunizierenden Menschen entwickelt. Es handelt sich dabei um eine UK-Sprache, welche individuelle und konventionelle körpereigene Äußerungen und die verschiedenen Hilfsmittel berücksichtigt. Konkret wird dies für die Teilhabe an den unterschiedlichen Aktivitäten des Alltags als übergeordnetes Ziel aller UK-Maßnahmen besprochen.
Da die Förderung der individuellen UK-Sprache für Eltern und auch Lehrkräfte und Therapeut:innen nicht natürlich und selbstverständlich ist, werden sie für vorhandene Kommunikationsmittel didaktisch-methodisch begleitet. So wird bspw. mit ihnen methodische Vorgehensweisen und/oder Strategien für den Einsatz von Hilfsmitteln und körpereigenen Kommunikationsformen erarbeitet und vereinbart. Auch in Fortbildungen wird das Thema des Erlernens einer UK-Sprache für ALLE durch verschiedene Konzepte vermittelt.
Übergeordnetes Ziel der Kommunikationsförderung (S)
Das oberste Ziel ist es, dass Kevin unabhängiger von den Frageideen der Kommunikationspartner:innen werden kann. Um sich diesem Ziel zu nähern, hat Frau G. es allen Anwesenden zur Aufgabe gemacht, einerseits die Körpersprache von Kevin genauer zu erfassen, andererseits immer wieder darauf zu achten, worüber er kommunizieren möchte und wo im Austausch Missverständnisse oder ‚Einhak‘-Möglichkeiten entstehen, um diese verstärkt in das Nachfragen einbeziehen zu können.
Um allen Beteiligten die Unterstützung von Kevins Kommunikationsförderung zu erleichtern, erstellte Frau G. einen detaillierten Plan mit Aufgaben für Kevin und sein Umfeld. Dieser Plan umfasst sowohl die Förderung von Kevins körpereigenen Kommunikationsmitteln, als auch den ersten Umgang mit elektronischen Kommunikationsmitteln bis hin zu einer komplexen Kommunikationshilfe. Die Hilfestellungen und Ziele wurden bewusst so ausgewählt und formuliert, dass sie in alltäglichen Situationen - beispielsweise Zuhause am Esstisch oder auch in der Schule - gut zu absolvieren sind. Die benötigten Hilfsmittel für einen niedrigschwelligen Einstieg konnten Frau A. sowie Logopädin Frau C. durch den Kauf bzw. durch die Ausleihe (Frau A. hat drei sprechende Tasten für den Unterricht gekauft und Logopädin Frau C. hat Kevin einen Power Link sowie eine elektronische Kommunikationshilfe geliehen.) von einfachen sowie komplexeren Kommunikations- und Adaptionshilfen realisieren. Alle Handlungsabläufe wurden zuvor bereits im Rahmen der Beratung bekannt gemacht sowie die benötigten Hilfsmittel erprobt.
Beratungsergebnisse (K)
Ein weiterer Aspekt der Beratungstätigkeit besteht darin, für die Auswahl und Beantragung von Hilfsmitteln für Angehörige, Fachleute und Kostenträger eine fachlich begründete Empfehlung zu geben. Dies beinhaltet einerseits die Beschreibung vorhandener Kompetenzen, die Erprobungsergebnisse und andererseits den besprochenen Verfahrensweg. Darüber hinaus wird den pädagogischen Fachkräften und Bezugspersonen eine Zusammenstellung der besprochenen Schwerpunkte der weiteren Kommunikationsförderung zur Verfügung gestellt. Hier auf der Folie für Eltern und Schule aus mehreren Beratungen eine Zusammenstellung der besprochenen Inhalte … Beteiligten müssen für sich Prioritäten setzen.
- Für die Versorgung mit Hilfsmittel ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unerlässlich, die unter anderem den fachlichen Austausch mit Hilfsmittelfirmen, medizinischen Fachkräften z.B. Ärzt:innen am SPZ und therapeutischen Fachkräften z.B. aus Frühförderstellen oder Autismusambulanz notwendig macht.
Schlusswort
Auch nach 20 Jahren Tätigkeit der BUK in Sachsen-Anhalt besteht immer noch ein großer Beratungs- und Versorgungsbedarf bezüglich adäquaten Hilfsmitteln, wobei die Zuständigkeit für Beratungen und Förderung in UK deutschlandweit weiterhin nicht geklärt ist. Aus den Schulen erhalte ich nach wie vor die Anfragen diese Prozesse wie zuvor beschrieben fachlich zu begleiten.
Daher sind die Arbeitsfelder der Forschungs- und Beratungsstelle in der Forschung, der Verankerung in der Lehre und den Beratungen unerlässlich und zwingend notwendig