Unisiegel

Institut für Rehabilitationspädagogik Körperpädagogik

Zielgruppen der Unterstützten Kommunikation

Die Personengruppe, für die Unterstützte Kommunikation in Frage kommt, umfasst ein breites Spektrum unterschiedlicher individueller Voraussetzungen und Partizipationsbedürfnisse, so dass sich ein sehr heterogenes Bild ergibt. Betroffen davon können Menschen aller Altersgruppen sein, die entweder kurzfristig und vorübergehend oder dauerhaft auf unterstützte Kommunikationsformen angewiesen sind. Daraus wurden im Laufe der Entwicklung der Fachdisziplin verschiedene Klassifikationsmöglichkeiten entworfen. Im Folgenden soll sich auf die Einteilung nach von Tetzchner und Martinsen (2000) sowie Weid-Goldschmidt (2013) bezogen werden, da diese zum einen wegweisend in der Theorieentwicklung gewesen ist und zum anderen den Personenkreis der Menschen, die unterstützt kommunizieren, anschaulich darstellt.

Von Tetzchner und Martinsen (2000) teilen unterstützt kommunizierende Menschen in drei Gruppen ein:

  1. Menschen, die Unterstützte Kommunikation als expressives Hilfsmittel verwenden. Sie verstehen die Lautsprache zwar sehr gut, aber sie können sich selbst nur unzureichend ausdrücken bzw. werden von ihrem Umfeld nicht oder nur schwer verstanden. Beispielhaft sei hier auf Menschen mit Cerebralparese verwiesen.
  2. Menschen, die Unterstützte Kommunikation als Ersatzsprache verwenden.  Für sie ist die Sprache als Kommunikationsmedium zu komplex, weshalb sie eine geeignete Alternative sowohl für das Sprachverständnis als auch für die Sprachproduktion benötigen. Hier kann Unterstützte Kommunikation beispielsweise für Menschen mit Autismus-Spektrums-Störung in Frage kommen.
  3. Menschen, die Unterstützte Kommunikation als Ergänzung zur Lautsprache verwenden. Für diese Gruppe stellt die Unterstützte Kommunikation eine zusätzliche Kommunikationsform im Prozess des Spracherwerbs dar, da ihre eigene Lautsprache (noch) schwer verständlich für das soziale Umfeld ist und sie eine Ergänzung im Spracherwerb bzw. in ihren lautsprachlichen Fähigkeiten benötigen, um von ihrem Umfeld voll umfänglich verstanden zu werden. Für Menschen mit Down-Syndrom kann Unterstützte Kommunikation beispielsweise eine hilfreiche Ergänzung für die soziale Teilhabe darstellen.

Um unterstützte Kommunikation nutzen zu können, bedarf es keiner Voraussetzung, außer der Möglichkeit zur Partizipation. Im Vordergrund von Unterstützter Kommunikation stehen also nicht zu erfüllende Bedingungen, sondern die Ermöglichung gelingender Kommunikation eines jeden Menschen unter Berücksichtigung seiner körperlich-motorischen, sensorischen oder geistigen Verfasstheit. Weid-Goldschmidt (2013) orientiert sich in ihrer Einteilung entlang der Sprach- und Kommunikationsentwicklung an den individuell kommunikativen Fähigkeiten einer Person, sodass es keine Mindestvoraussetzungen für den Einsatz Unterstützter Kommunikation bedarf. Ihre Klassifizierung ergibt sich demnach wie folgt:

  1. Prä-intentional Kommunizierende                                                                                                                                                                             Die Kommunikation erfolgt über körpernahe Sinne. Eine bewusste Wahrnehmung der eigenen Person, sowie der Umwelt sind für andere Personen nur sehr eingeschränkt oder gar nicht beobachtbar. Die Signale dieser Menschen, wenn sie überhaupt als solche wahrgenommen werden, sind von anderen nur schwer zu deuten. Zudem zeigen sie auf kommunikative Angebote keine für andere unmittelbar verständlichen Reaktionen. Was von anderen Personen wahrgenommen werden kann, ist die emotionale Färbung auf das Gesprochene.
  2. Intentional Kommunizierende      
     Kommunikation findet auf der (prä-)symbolischen Ebene statt, wobei das Lautsprachverständnis nicht dem alter entsprechend entwickelt ist. Menschen, die auf dieser Stufe kommunizieren, sind intentional für die Kommunikation offen. Die symbolischen Kompetenzen sind dahingehend ausgeprägt, um das Symbolsystem Sprache in Ansätzen zu verstehen. Eine Repräsentation von Konzepten und Begriffen wird durch Signalwörter mit zusätzlichen Gesten in vertrauten Situationen verstanden. Es geht um Inhalte im Hier und Jetzt.
  3. Verbal-symbolisch Kommunizierende     
     Das Ja/Nein-Konzept wird verstanden und angewendet. Der Sprachgebrauch ist nicht dem Alter entsprechend entwickelt. Das Spektrum der Kompetenzen, über die Menschen, die in diese Gruppe 3 eingestuft werden, ist sehr breit gefächert. Die Übergänge zu Gruppe 2 sind fließend und im Einzelfall auch zu Gruppe 4 möglich. Dazu gehören Menschen mit verschiedensten motorischen, sensorischen und/oder wahrnehmungsverarbeitungs- oder sprachspezifischen Beeinträchtigungen. Individuelle kognitive oder sprachliche Voraussetzungen bedingen, dass kommunikative Inhalte nicht dem Alter gemäß entwickelt sind.
  4. Uneingeschränkt verbal-symbolisch Kommunizierende           
     Die kognitiven und kommunikativen Kompetenzen sind altersgerecht entwickelt. Eine altersgemäße Kommunikation ist mit entsprechender Unterstützung möglich. Die körperlich-motorischen Voraussetzungen dieser Personengruppe sind entweder lokal manifestiert oder betreffen den gesamten Körper, sodass Untersützung in allen Bereichen des Alltags notwendig ist.

 

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Literatur:
Stephan von Tetzchner & Harald Martinsen (2000): Einführung in Unterstützte Kommunikation. Heidelberg: Universitätsverlag C. Winter Heidelberg GmbH.
Bärbel Weid-Goldschmidt (2013): Zielgruppen unterstützter Kommunikation : Fähigkeiten einschätzen - Unterstützung gestalten. Karlsruhe: von Loeper Literaturverlag.