Unisiegel

Institut für Rehabilitationspädagogik Körperpädagogik

Formen der Unterstützten Kommunikation

Ergänzende und alternative kommunikative Möglichkeiten, deren sich unterstützt kommunizierende Menschen bedienen, lassen sich wie folgt unterteilen:

  • Körpereigene Kommunikationsformen
  • Hilfsmittelgestützte Kommunikationsformen


Körpereigene Kommunikationsformen sind all jene, die mittels des eigenen Körpers zur Verständigung eingesetzt werden können. Dazu zählen einerseits bewusst eingesetzte Blickbewegungen, Zeigegesten, Vokalisationen, Mimik, Gestik sowie Gebärden und andererseits auch unbewusste Veränderungen der Atmung, des Muskeltonus, des Herzschlags oder der Haut (Braun & Kristen 2003). Für die körpereigenen Kommunikationsformen wird beispielhaft der Einsatz von Gebärden in der Unterstützten Kommunikation beschrieben. Die Gebärdensprache der Gehörlosen ist in Deutschland (DGS) als eigenständige Sprache anerkannt, jedoch für den Einstieg in die Unterstützten Kommunikation zu komplex, weshalb zunächst einzelne Gebärden als Lautsprachunterstützung oder als Schlüsselwörter eingeführt werden (Mayer 2007). Dabei steht eine Gebärde für ein Wort oder verschiedene Synonyme eines Wortes. Wenn ein Kind fertig gegessen hat, verwendet es dieselbe Gebärde wie nach dem Beenden seiner Hausaufgaben.

                                        Abb.2                                                                              Abb.1  

Für diese Form der Kommunikation müssen differenzierte motorische Voraussetzungen vorhanden sein, welche die Ausführung ermöglichen. Ebenso müssen beide Kommunikationspartner*innen die Gebärden sowohl verstehen als auch anwenden können. Vielfältige Kartensammlungen, Bücher und Poster unterstützen das Erlernen von Gebärden.

Unter hilfsmittelgestützten Kommunikationsformen lassen sich nichtelektronische und elektronische Kommunikationshilfen sowie deren Ansteuerungshilfen zusammenfassen, also alle körperfremden Kommunikationshilfen, die zur Verständigung eingesetzt werden (Boenisch & Sachse 2020a). Zu den nichtelektronischen Kommunikationshilfen zählen unter anderem Bezugsobjekte, Fotos, Symbole und/oder Schrift auf einzelnen Karten, Kommunikationstafeln und Kommunikationsbücher. Beispielhaft werden hier Kommunikationstafeln erklärt. Auf diesen ist Kern- und Randvokabular[1] in Form von Symbolen mit einer bestimmten grammatischen Struktur angeordnet. Durch das Zeigen auf ausgewählte Symbole/Felder und deren Kombinationen können UK-Nutzer*Innen ihre kommunikativen Absichten sichtbar machen. Eine Versprachlichung erfolgt seitens der Kommunikationspartner*innen, die die hinter den Symbolen vermuteten Aussagen aussprechen. 

                           Abb.3                                                 Abb.4   

 

                          Abb.5                                                            Abb.6   

 

Elektronische Kommunikationshilfen fungieren als Sprachausgabegeräte und lassen sich in einfache und komplexe elektronische Kommunikationshilfen unterscheiden. Mit der fortlaufenden Ausdifferenzierung der Forschungsdisziplin Unterstützte Kommunikation kam es in den letzten Jahren sowohl zu einer fachlich-inhaltlichen Verbesserung als auch zu einer breiteren Vielfalt der Auswahl an Kommunikationshilfen. Zum Beispiel können Sprachausgabegeräte auf Kinder-, Jugend-, Männer- sowie Frauenstimmen mit natürlichem Sprachklang programmiert werden und unterstützt Kommunizierende können Tablets als Kommunikationshilfen nutzen.

Im Folgenden skizzieren wir exemplarisch einige elektronische Hilfsmittel. Beispielhaft für die Gruppe der einfachen elektronischen Kommunikationshilfen wird der BigMack® beschrieben. Für die Gruppe der komplexen elektronischen Kommunikationshilfen wird die  Software MetaTalkDE® veranschaulicht, die auf verschiedenen Endgeräten installiert werden kann. Als Beispiel für eine Ansteuerungshilfe wird die Augensteuerung vorgestellt. 

                                                         Abb.7 

Der BigMack® ist eine sprechende Taste, auf welche eine einzelne Aussage bis zu einer Länge von 120 Sekunden gespeichert und beliebig oft abgerufen werden kann. So kann eine unterstützt kommunizierende Person eine Bestellung aufgeben, eine Frage stellen oder ein Bedürfnis äußern. Die Oberfläche des BigMack® besteht aus Hartplastik, welche auch einem kraftvollen Tastendruck standhält und gleichzeitig leicht auszulösen ist. Dadurch lässt sich der BigMack® auch von Menschen mit körperlich motorischen Beeinträchtigungen bedienen. Nachteiligsind die geringe Aufnahmekapazität und die Abhängigkeit von der stellvertretend aufsprechenden Person.

Die Software MetaTalkDE® beinhaltet vorstrukturierte Symbole mit dazugehörigem Wortschatz, die den Erwerb grammatischer Strategien entlang des natürlichen Spracherwerbs berücksichtigt. Die farbliche Kodierung der Wortarten sowie die dynamische Führung zu entsprechenden Unterseiten begünstigen einen intuitiven Umgang seitens der UK-Nutzer*innen und ihren (unerfahrenen) Kommunikationspartner*innen. Beliebig viele Sätze können auf Grund der Kombinationsmöglichkeiten einzelner Wörter gebildet und mittels Sprachausgabe für alle an der Interaktion beteiligten Personen hörbar wiedergegeben werden. Unabhängig von anderen kann über eine räumliche Distanz kommuniziert werden, allerdings kann sich die Sensibilität und Anfälligkeit der Endgeräte, auf denen die Software MetaTalkDE® installiert ist, nachteilig auswirken.

Wenn die Bedienung der Kommunikationshilfen mit den Händen nicht gelingt, können Ansteuerungshilfen eingesetzt werden. Augensteuerungen sind eine der neuesten Entwicklungen, die bei Menschen mit besonders schweren körperlich motorischen Beeinträchtigungen zum Einsatz kommen können. Dabei erfasst eine Infrarot-Kamera die Augenbewegungen und wandelt diese in Tastendruck zum Auslösen einzelner Felder auf der Kommunikationshilfe um. Damit die Augensteuerungen so genau und präzise wie möglich funktionieren, müssen die Augenbewegungen bewusst gesteuert sowie Felder fokussiert werden können. Das erfordert ein komplexes individuelles Zusammenspiel zwischen körperlich-motorischen und kognitiven Prozessen.

 

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[1] „Kernvokabular bezeichnet die ca. 200 am häufigsten verwendeten Wörter einer Sprache. Das Kernvokabular macht 80% des Gesprochenen aus und wird unabhängig von der individuellen Lebenssituation und vom Thema flexibel eingesetzt. […] Als „Randvokabular“ […] werden die Wörter bezeichnet, die deutlich seltener verwendet werden. Zum Randvokabular gehören hauptsächlich Inhaltswörter.“ (vgl. Boenisch & Sachse 2020b, 109f.)

Bildquellen:

Abb.2 Karte aus der Gebärdensammlung Sign Box./Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation Halle/Saale 

Abb.1 Karte aus der Gebärdensammlung GuK./Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation Halle/Saale 

Abb.3 Kölner Kommunikationstafel/Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation Halle/Saale 

Abb.4 Kommunikationsbuch Zeig es, sag es!/Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation Halle/Saale 

Abb. 5 Komet Kommunikationsbuch/Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation Halle/Saale 

Abb. 6 Kölner Kommunikationsordner/Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation Halle/Saale 

Abb. 7 BigMack/Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation Halle/Saale 

Literatur

Ursula Braun & Ursi Kristen (2003): Körpereigene Kommunikationsformen. IN: ISAAC; von Loeper (Hrsg.) (2017): Handbuch der Unterstützten Kommunikation. Karlsruhe: von Loeper Bd. 1, S. 02.003.001-02.007.001.

Jens Boenisch & Stefanie K. Sachse (Hrsg.) (2020a): Kompendium Unterstützter Kommunikation. Stuttgart: Kohlhammer.

Jens Boenisch & Stefanie K. Sachse (2020b): Kernvokabular – Bedeutung für den Sprachgebrauch. IN: Jens Boenisch & Stefanie K. Sachse (Hrsg.) (2020): Kompendium Unterstützter Kommunikation. Stuttgart: Kohlhammer, S. 108-116.

Martina Meyer (2007): Lautsprachunterstützendes Gebärden. Karlsruhe: von Loeper.